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Intrazelluläre Bakterien und Viren von Amöben

Wussten Sie, dass Vertreter der Legionellen, Mycobacterium kansasii oder Mycobacterium avium, Bakterien, die mit Chlamydien verwandt sind (Parachlamydien) oder Riesenviren wie Lausannevirus in der Lage sind in Amöben zu überleben? Diese Amöben kommen natürlicherweise in den meisten Wassersystemen vor.
Die gängige Hypothese ist, dass die Co-Evolution von Bakterien und Amöben zum Auftreten von Virulenzeigenschaften der Bakterien geführt hat, die sie gegenüber alveolaren Macrophagen unempfindlich macht, wenn sie durch Aerosole auf den Menschen übertragen werden.

Zudem überleben einige Mycobakterien wie Mycobacterium avium nicht nur in Amöben, sondern vermehren sich auch darin, wodurch die Amöben zu Infektionsquellen werden (1).
Wenn Amöben Stress ausgesetzt sind, werden sie zu Zysten. In dieser robusten Form sind auch eingeschlossenen Bakterien geschützt. Weil Amöben Bakterien „fressen“, ist unterschiedliches genetisches Material vorhanden und leicht zugänglich. Es wird angenommen, dass die für den genetischen Austausch förderlich ist, selbst über Artgrenzen hinweg und sogar einschliesslich des Amöbengenoms (2).

Während der letzten Jahre wurden in Lausanne in der Forschung Amöben als Werkzeug für die Bakterienkultivierung verwendet (3,4). Dies hat zur Entdeckung von verschiedenen neuen Bakterienarten geführt, wie z.B. Estrella lausannensis und Criblamydia sequanensis (5,6), zwei zu Chlamydien verwandte Bakterienarten. Mit der gleichen Methode wurden zwei neuartige Riesenviren, Lausannevirus (7) und Cedratvirus lausannensis (8) identifiziert. Diese Viren erlauben es, besser zu verstehen wie Erreger unter sympatrischen oder allopatrischen Verhältnissen evolvieren (9).

Heute repräsentieren Legionellen, atypische Mycobakterien (M. avium und M. kansasii) , mit Chlamydien verwandte Bakterien und Riesenviren die vier hauptsächlichen Typen von Amöben-resistenten Mikroben.
Dennoch ist die Diversität von Amöben-resistenten Bakterien viel breiter und schliesst mehrere Vertreter der Arten Bosea oder Afipia, wie zum Beispiel Bosea lascolae und Afipia lausannensis ein, welche am Institut für Mikrobiologie in Lausanne identifiziert wurden (10).
Wir betonen, dass ein grosser Teil der Amöben-resistenten Bakterien mögliche Lungenentzündugserreger sind (11). Zahlreiche Studien an Parachlamydia acanthamoebae legen nahe, dass dieses Bakterium im Zusammenhang mit respiratorischen Krankheiten steht und sogar die Ursache von 0.5-2% von Lungenentzündungen sind, die nicht im Spital erworben wurden (12, 13, 14).

 

Beschränkte Risiken

Obwohl Sprudelbäder, Luftbefeuchter, Wasserzerstäuber und Klimaanlagen zur Exposition von verschiedenen Keimen wie z.B. Legionellen führen, muss man sich deswegen keine allzu grossen Sorgen machen.

Wie wir in unseren Aktivitätskarten für tiefes Risiko zeigen, ist das Risiko bei einem gut gewarteten Befeuchter oder einer sauberen und regelmässig gereinigten Dusche gering.
Stehendes Wasser (zum Beispiel in einem Duschkopf einer nicht regelmässig benutzten Dusche eines Ferienhauses) könnte ein grösseres Risiko darstellen.

Zusätzlich konzentrieren sich die Probleme im Zusammenhang mit Legionellen und anderen Amöben-resistenten Mikroorganismen hauptsächlich auf künstliche Anlagen und Wasserleitungen. Grosse Wasseroberflächen wie sie in Seen und im Meer vorkommen zeigen nur eine tiefe Anzahl Bakterien pro Liter.

 

Deshalb ist Wasserskisport auf der Aktivitätskarte auch als geringes Risiko eingestuft. Ähnlich ist es auch nicht risikoreich, Kinder an einem Wasserhahn eines regelmässig benutzten Lavabos in einer sauberen Umgebung spielen zu lassen.

Trinkwasser

Die Forschungsgruppe von Prof. Greub am Institut für Mikrobiologie der Universität Lausanne arbeitet seit 2004 mit der Trinkwasseraufbereitungsfirma Suez-Ondeo in Paris zusammen.

Das Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, die Auswirkung von unterschiedlichen Wasseraufbereitungsprozeduren (Kohlefiltration, Sandfiltration, Ozonisierung, Chlorierung) auf die Wasserqualität beim Austritt aus der Anlage zu definieren und die möglichen Risiken dieses Trinkwassers für die öffentliche Gesundheit zu erfassen.

Kürzlich wurde in diesen Arbeiten gezeigt, dass Chlorierung die mikrobielle Biodiversität im Wasser signifikant zu reduzieren vermag und zu einer Anreicherung von Bakterien der Gattung Pseudomonas führt (15). Diese Resultate legen nahe, dass eine Reduktion von Chlor in Wasser auch eine Reduktion von Pseudomonaden bedeutet, welche bekanntermassen eine hohe Rate von Antibiotikaresistenzen aufweisen. Die Studie unterstützt die Praxis der Chlorierung; obschon eine verminderte Chlorierung zum besseren Geschmack von Wasser führt, vermindert sie  die Exposition von restlichen Desinfektionsmitteln.
Die Arbeit erlaubte es auch, sowohl die Risiken als auch die Methoden für deren Identifizierung besser zu beschreiben (16) und die wichtige Rolle aufzuzeigen, die Amöben als „biologischer Sicherheitsraum“ innerhalb der Wasseraufbereitungsanlage spielen (17).

Referenzen

  1. Greub G, Raoult D. Microorganisms resistant to free-living amoebae. Clin Microbiol Rev. 2004 Apr;17(2):413-33.
  2. Bertelli C, Greub G. Lateral gene exchanges shape the genomes of amoeba-resisting microorganisms. Front Cell Infect Microbiol. 2012 Aug 21;2:110.
  3. Tosetti N, Croxatto A, Greub G. Amoebae as a tool to isolate new bacterial species, to discover new virulence factors and to study the host-pathogen interactions. Microb Pathog. 2014 Dec;77:125-30.
  4. Kebbi-Beghdadi C, Greub G. Importance of amoebae as a tool to isolate amoeba-resisting microorganisms and for their ecology and evolution: the Chlamydia paradigm. Environ Microbiol Rep. 2014 Aug;6(4):309-24.
  5. Lienard J, Croxatto A, Prod’hom G, Greub G. Estrella lausannensis, a new star in the Chlamydiales order. Microbes Infect. 2011 Dec;13(14-15):1232-41.
  6. Thomas V, Casson N, Greub G. Criblamydia sequanensis, a new intracellular Chlamydiales isolated from Seine river water using amoebal co-culture. Environ Microbiol. 2006 Dec;8(12):2125-35.
  7. Thomas V, Bertelli C, Collyn F, Casson N, Telenti A, Goesmann A, Croxatto A, Greub G. Lausannevirus, a giant amoebal virus encoding histone doublets. Environ Microbiol. 2011 Jun;13(6):1454-66
  8. Bertelli C, Mueller L, Thomas V, Pillonel T, Jacquier N, Greub G. Cedratvirus lausannensis – digging into Pithoviridae diversity. Environ Microbiol. 2017 Oct;19(10):4022-4034.
  9. Mueller L, Bertelli C, Pillonel T, Salamin N, Greub G. One Year Genome Evolution of Lausannevirus in Allopatric versus Sympatric Conditions. Genome Biol Evol. 2017 Jun 1;9(6):1432-1449.
  10. Thomas V, Casson N, Greub G. New Afipia and Bosea strains isolated from various water sources by amoebal co-culture. Syst Appl Microbiol. 2007 Nov;30(7):572-9.
  11. Lamoth F, Greub G. Amoebal pathogens as emerging causal agents of pneumonia. FEMS Microbiol Rev. 2010 May;34(3):260-80.
  12. Lamoth F, Greub G. Fastidious intracellular bacteria as causal agents of community-acquired pneumonia. Expert Rev Anti Infect Ther. 2010 Jul;8(7):775-90.
  13. Casson N, Posfay-Barbe KM, Gervaix A, Greub G. New diagnostic real-time PCR for specific detection of Parachlamydia acanthamoebae DNA in clinical samples. J Clin Microbiol. 2008 Apr;46(4):1491-3
  14. Marrie TJ, Raoult D, La Scola B, Birtles RJ, de Carolis E. Legionella-like and other amoebal pathogens as agents of community-acquired pneumonia. Emerg Infect Dis. 2001 Nov-Dec;7(6):1026-9.
  15. Bertelli C, Courtois S, Rosikiewicz M, Piriou P, Aeby S, Robert S, Loret JF, Greub G. Reduced Chlorine in Drinking Water Distribution Systems Impacts Bacterial Biodiversity in Biofilms. Frontiers Microbiol, 2018.
  16. Loret JF, Jousset M, Robert S, Saucedo G, Ribas F, Thomas V, Greub G. Amoebae-resisting bacteria in drinking water: risk assessment and management. Water Sci Technol. 2008;58(3):571-7.
  17. Loret JF, Greub G. Free-living amoebae: Biological by-passes in water treatment. Int J Hyg Environ Health. 2010 Jun;213(3):167-75.

 

Mehr erfahren von anderen Websites 

Suez-Ondeo : http://www.ondeo-is.com
The Water Research Foundation: http://www.waterrf.org