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Welche Keime werden in der Schweiz durch Zecken übertragen?

Am Mikrobiologischen Institut der Universität Lausanne sind Forscher der Gruppe von Prof. G. Greub an Krankheiten interessiert, die durch Zecken übertragen werden. Sie haben Chlamydien-ähnliche Bakterien in Zecken entdeckt (Parachlamydia und Rhabdochlamydia). Die Bakterien wurden nicht nur in Proben aus der Schweiz gefunden, sondern auch in solchen aus Algerien (1).
Diese Resultate wurden in einer grösseren Studie mit 62’889 in der Schweiz gesammelten Zecken bestätigt, und zwar durch PCR-Analyse, die für die Amplifizierung von DNA der Ordnung Chlamydiales spezifisch war (2).

 

In dieser Studie waren 33% der Bakterien verwandt mit Parachlamydia, 29% waren verwandt mit Rhabdochlamydia und 32% waren neue, mit Chlamydia verwandte Arten.

 

In einigen Zecken war die Menge an Rhabdochlamydia derart erhöht, dass es gelang, das Genom von mehreren Rhabdochlamydia Stämmen zu sequenzieren (3).

Eine andere Studie an denselben Zecken zeigte, dass in Schweizer Zecken keine Coxiella burnetii und nur in 2% der Fälle Anaplasma phagocytophilum gefunden wurden.

Alle Bakterien der Ordnung Chlamydiales sind obligat intrazellulär, das heisst, sie brauchen einen Wirt um sich zu vermehren und können deshalb nicht in konventionellen Nährmedien kultiviert werden. Dies ist auch der Fall für andere Bakterien wie Coxiella burnetii.

Andere Bakterien wie Anaplasma phagocytophilum, Bartonella henselae, Legionella pneumophila oder Mycobacterium kansasii können zwar auch ohne Wirt leben, aber die Wachstumsbedingungen ausserhalb der Zelle sind arbeitsintensiv und mühsam. Diese Bakterien werden meistens mittels PCR detektiert, was sensitiver ist als die kulturelle Bestimmung (5).
Während der letzten 10 Jahre wurde eine neue Co-Kultur-Methode mit Amöben entwickelt (6,7). Dabei werden Amöben als Wirtszellen für die Bakterien benutzt. Die Methode wird nicht für diagnostischen Zwecke benutzt, sondern in der Forschung, um neue Bakterienarten zu charakterisieren.

Die Lyme Borreliose und FSME

In der Schweiz sind die beiden hauptsächlich durch Zecken übertragenen Erreger Borrelia burgdorferi sensu lato und das Frühsommer MeningoEnzephalitis Virus.
Diese beiden Pathogene sind in der Schweiz ungleichmässig verteilt, wie in den untenstehenden Karten des Nationalen Refernzzentrums für zeckenübertragbare Krankheiten (NRZK) ersichtlich ist. Unten, in orange: Risikobereiche für Borreliose (2018),  in rot: Bereich in dem eine MEVE-Impfung empfohlen wird (2021)

Die Kosten für die Impfung gegen Zecken-Encephalitis werden in den Regionen von der obligatorischen Krankenversicherung übernommen, für die eine Impfung empfohlen ist. Dies gilt auch für Besucher (kein Minimalaufenthalt nötig) (OFSP 2018) (11). Mehr darüber findet man auf der NRZK Homepage (12).
Beachte, dass neben Borrelia burgdorferi eine andere Borrelie existiert, Borrelia recurrentis, die durch Menschenflöhe übertragen wird und wiederkehrendes Fieber verursacht. Diese seltene Krankheit kommt hauptsächlich in Afrika vor und äussert sich in unterbrochenen Fieberanfällen.

 

 

 

Der App “ Zecke“

Wer einen Zeckenbiss hat kann auch die App von Herrn Tischhauser, Prof. Grunder und Kollegen konsultieren (13).
Diese App ermöglicht es, ein Alert mit präziser geographischer Information zum Ort, an dem der Zeckenbiss erfolgt ist zu generieren, mit dem Ziel, die Verteilung der Zecken für die Risikoabschätzung zu kartieren.

Zur Forschung beitragen

Man kann sogar selbst die Forschung unterstützen, indem man die besagte Zecke an folgende Adresse schickt:

Laboratoire ADMED
Reto Lienhard
Rue Chasseral 20
2300 La Chaux-de-Fonds
Es gibt drei Forschungsgruppen, die mit dem CNRT assoziiert sind:

  • Rahel Ackermann, Labor Spiez, Spies
  • Reto Lienhard, Laboratoires ADMED, La Chaux-de-Fonds
  • Gilbert Greub, Institut Microbiologie, CHUV, Lausanne.

Diese drei Laboratorien analysieren die eingesandten Zecken anonym auf mehrere Pathogene. Dabei werden Techniken von Pathogen-spezifischem PCR bis zur vollständigen Mikrobiota-Analyse der Zecken (Metagenomics) angewandt. Dies erlaubt, die Beziehung zwischen verschiedenen mikrobiellen Arten, die sich zur selben Zeit in der Zecke befinden zu analysieren.

Die Interaktionen zwischen den Bakterien kann positiv (synergistisch) oder negativ (antagonistisch) sein.

So reduziert beispielsweise eine gleichzeitige Infektion mit Anaplasma phagocytophilum und Borrelia burgdorferi die Immun Antwort gegenüber Anaplasma phagocytophilum und verstärkt das Durchdringen der Blut-Hirnschranke von Borrelia burgdorferi (10).
Ebenso vergrössert die Co-Infektion von Borrelia burgdorferi und Babesia microti die Chance der Übertragung des letzteren von der Maus auf die Zecke.

Eine Übersicht über diese noch wenig verstandenen Interaktionen wird in Publikation (10) beschrieben.

Referenzen

  1. Croxatto A, Rieille N, Kernif T, Bitam I, Aeby S, Péter O, Greub G. Presence of Chlamydiales DNA in ticks and fleas suggests that ticks are carriers of Chlamydiae. Ticks Tick Borne Dis. 2014 Jun;5(4):359-65.
  2. Pilloux L, Aeby S, Gaümann R, Burri C, Beuret C, Greub G. The high prevalence and diversity of Chlamydiales DNA within Ixodes ricinus ticks suggest a role for ticks as reservoirs and vectors of Chlamydia-related bacteria. Appl Environ Microbiol. 2015 Dec;81(23):8177-82.2.
  3. Pillonel T, Bertelli C, Aeby S, De Barsy M, Jacquier N, Kebbi-Beghdadi C, Mueller L, Vouga M, Greub G. Sequencing the Obligate Intracellular Rhabdochlamydia helvetica within Its Tick Host Ixodes ricinus to Investigate Their Symbiotic Relationship. Genome Biol Evol. 2019 Apr 1;11(4):1334-1344.
  4. Pilloux L, Baumgartner A, Jaton K, Lienhard R, Ackermann-Gäumann R, Beuret C, Greub G. Prevalence of Anaplasma phagocytophilum and Coxiella burnetii in Ixodes ricinus ticks in Switzerland: an underestimated epidemiological risk. New Microbes New Infect. 2018 Sep 6;27:22-26.
  5. Lamoth F, Schrenzel J, Greub G. Diagnostic approach of intracellular bacteria and fastidious microorganisms. Rev Med Suisse. 2014 Nov 12;10(450):2130-6.
  6. Tosetti N, Croxatto A, Greub G. Amoebae as a tool to isolate new bacterial species, to discover new virulence factors and to study the host-pathogen interactions. Microb Pathog.2014 Dec;77:125-30.
  7. Kebbi-Beghdadi C, Greub G. Importance of amoebae as a tool to isolate amoeba-resisting microorganisms and for their ecology and evolution: the Chlamydia paradigm. Environ Microbiol Rep. 2014 Aug;6(4):309-24.
  8. Lienard J, Croxatto A, Prod’hom G, Greub G. Estrella lausannensis, a new star in the Chlamydiales order. Microbes Infect. 2011 Dec;13(14-15):1232-41.
  9. Thomas V, Casson N, Greub G. Criblamydia sequanensis, a new intracellular Chlamydiales isolated from Seine river water using amoebal co-culture. Environ Microbiol. 2006 Dec;8(12):2125-35.
  10. Cabezas-Cruz A, Vayssier-Taussat M, Greub G. Tick-borne pathogen detection: what’s new? Microbes Infect. 2018 Jan 9. pii: S1286-4579(18)30004-2:

 

Mehr erfahren von anderen Websites 

11. FSME-Impfung: https://www.infovac.ch/de/impfunge/nach-krankheiten-geordnet/zeckenencephalitis-fsme
12. NRZK :https://www.labor-spiez.ch/de/die/bio/dediebionrz.htm
13. App Zecke: https://zecke-tique-tick.ch/de/
14. Interview mit Prof. G. Greub über die Impfung gegen FSME (aus französisch)https://france3-regions.francetvinfo.fr/bourgogne-franche-comte/doubs/haut-doubs/meningo-encephalite-tiques-pourquoi-on-vaccine-suisse-pas-franche-comte-1674239.html